Sag mir niemals, dass Du mich liebst! …… Teil 2
Nach einem mehr als leckeren Mittagessen am Strand, mit einer hübschen, sehr schweigsamen und eigenen jungen Frau als Gegenüber, verabschiedete ich mich von den einfachen und so liebenswerten Menschen. Es hatte mich sehr berührt. Denn ich kam aus einer „Welt“ wo Gewalt, Aggressionen und Kälte die Regeln bestimmte. Ja eine selbst gewählte Welt, aber mit etwas anderem konnte ich nicht umgehen. Und hier war ich wie ein kleines Kind das zum ersten Mal die Augen aufmacht. All die Eindrücke brannten sich tief in meinem Herzen ein, so wie es mein vorheriges Leben ebenfalls tat, auf eine weitaus weniger angenehme Art.
Nach einem Spaziergang und ein wenig Relaxen im Hotel, dass Heute nicht mehr existiert, erkundete ich die Ortschaft ein wenig mehr. An der Strasse vermietete einer Motorräder, musste ich mir merken. An der Ecke war ein schmuckes Restaurant – das ich beinahe ebenso noch nach über 20 Jahren antraf, GriGri – Heute La Bodeguita – hat all die Jahre viel von seinem Charme behalten.
Dort ass ich auch gemütlich zu Abend und lernte zwei weitere Damen kennen. Diese empfahlen uns mit Ihnen in eine nahe Diskothek zu gehen, welche in Wirklichkeit doch schon ein wenig entfernt lag. Eine offene Diskothek mit grossem Vorplatz. Dort verbrachten wir den Abend mit den jungen und netten Frauen. Gut manchmal kam ich mir vor wie ein Einfaltspinsel, konnte mich ja kaum verständigen, was mich deftig nervte. Aber immerhin schaffte ich es alleine in mein Hotelzimmer zu kommen, was mein Freund offenbar gar nicht vorhatte.
Das Hotel war mehr als hellhörig, und so draussen noch etwas am Pool sitzend, war ich sehr froh dass ich mein Zimmer für mich alleine hatte und nicht auch noch Bestandteil dieses etwas speziellen Nachtkonzertes wurde.
Am nächsten Morgen fuhr ich dann mit einem Mototaxi zu dem etwas abgelegenen, sehr bescheidenen Häuschen. Dort wo die Frau lebte, mit welcher ich am Abend in der Diskothek versuchte eine Unterhaltung zu führen. Es gab ein gutes Frühstück und was mich viel mehr freute, Einblick in das einfache Leben dieser Frauen, welche für mich wie ein Fremdkörper erschienen und ich mich trotzdem sehr wohl fühlte. Auch wenn ich nicht gerade der typische Tourist war. Wir kamen ins Gespräch und vieles wurde mir erklärt, geschildert und vieles brachte mich zum Staunen. Wie konnte man so mit dem Leben fertig werden, ohne wirklich jemals eine Chance auf ein besseres Leben zu haben. Ausser einer dieser Touristen blieb hängen….
Einer wie ich – nein. Seltsamerweise war ihnen bereits von Anfang an klar, dass ich nicht dieser „Sorte“ angehörte. Die Stunden verbrachte ich wie im Kreise der Familie – etwas dass ich genoss und dankbar war. Und daraus wurde meine erste Alleinreise quer durch die Republik.
Allein? Nein ich war nicht alleine Migu wie Sie abgekürzt heisst, kam eigentlich aus dem Süden des Landes, weit abgelegen vom Tourismus und dort lebte in einer kleinen Ansiedlung ausserhalb, ihre Mutter welche Sie schon lange nicht mehr gesehen hatte.
Wir machten ab, dass Sie meine Reiseführerin ist, mir so viel es geht erklärt, zeigt und hilft klar zu kommen. Dafür versprach Ich für Ihre Reise und Verpflegung aufzukommen und auch die Rückfahrt für Sie dann zu übernehmen. Niemals – wohlvertsnaden niemals in Europa hätte ich das gemacht! Und ich nehme es an dieser Stelle bereits vorweg – Sie hielt mehr als nur Wort, Sie reiste mit mir mit den kleinsten Reisebusen wirklich von Nordost nach Südwest des Landes und lernte mich auf was ich aufpassen sollte und die Eigenheiten die man sich merken sollte. Sie verhinderte dass ich als Weisser mehr bezahlte als Einheimische, mir niemand was andrehen konnte und passte wie eine grosse Schwester auf mich auf. Absolut Hammer – meinen Respekt hat Sie dafür bis Heute.
Es war eine meiner interessantesten, wenn nicht die interessanteste Reise in der Dom. Republik überhaupt. Und ich habe wirklich viele Reisen unternommen. Eine Reise die mich weiter als Barahona im Südwesten brachte, an Las Salinas vorbei in eine kleine Ansiedlung am Hang eines Berges oberhalb Neiba. Die wenigen Häuser da standen im Wald und waren um einen kleinen Platz angelegt, wo es eine einzige Leuchtbirne gab.

Dort lebte die Mutter von Migu – in einer Hütte mit Abfällen, Holz und etwas Blech gezimmert. Eine Frau, die wie ein Ueberbleibsel der Geschichte des Landes vorkam. Ein Gesicht, wettergegerbt, voller Falten, beinahe schwarz und von der Härte des kargen Lebens gezeichnet. Aber gleichzeitig voller Güte und eine Heimat zugleich. Vom ersten Augenblick an hatte ich Ehrfurcht, hatte ich Respekt und eine tiefe Zuneigung für die Frau, wo alles entbehrte weil es Ihr Leben so wollte.
Viele Tage vergingen dort in einer Hütte aus Holzstangen wo der Wind durchblies. Eine Art Maratze, wo nachts auch ein paar kleine Kinder sich zum schlafen einfanden. Pura vida – wie dankbar ich bis Heute bin, diese Form von Leben kennenlernen zu dürfen. Die alte Frau redete einen sehr starken Dialekt der sehr rural tönte, da fand ich kein Wort im Buch und doch verstanden wir uns täglich mehr ohne Worte. Es waren wohl die glücklichsten Tage meines Lebens. Einfach nur sein – sehr lehrreich.
Auf einer Feuerstelle draussen kochte diese wunderbare Frau für uns alle, es war mir eine Ehre mal einkaufen zu dürfen – wenn man dazu auch eine Reise von 4 Stunden in Kauf nehmen musste.
Hin und wieder kamen Einheimische aus dem Dschungel um diesen seltsamen Mensch ohne Farbe zu betrachten und zu schauen ob die Haut denn auch sich wie Haut anfühlte. Weit und breit war ich da der einzige Weisse. Europa und was das ist – dort und damals ein Fremdwort. Und auch nicht wichtig.
Um meinen Dank auszudrücken organisierte ich ein paar Betonblocks, Sand, Cement und einen Maurer. mit seiner Hilfe baute ich einen Raum der stabil war, mit Lüftungssteinen in der Wand damit die Hitze vom Kochen weg konnte, die bestehende Hütte verbesserten wir und ergänzten es so mit einer Küche und einem Gasherd – wenn ich auch wusste, dass die gute Frau das Feuer draussen vorzog. Aber ich entnahm den Gesprächen, dass der grösste Wunsch dieser Frau eine eigene Küche war …. und den Wunsch erfüllte ich Ihr für ein paar wenige Dollar mehr als gerne.
Die Tränen von Ihr haben mich beschämt, und es tat weh, als ich gehen musste, von dieser Frau, diesem Ort wo ich aufgenommen wurde wie ein Sohn.
Doch mein Flug durfte ich nicht verpassen und so machte ich mich nach Wochen auf den Weg zum Flughafen – Migu brachte mich hin, verschwand dann in der Hauptstadt um eines Ihrer Kinder zu besuchen, dass dort in einem Spital krank eingeliefert war. Und sie bat mich nicht um einen einzigen Cent. Nie. Der Rest meines Urlaubsgeldes wollte Sie erst nicht annehmen, dass seien ja zwei Monatslöhne. naja etwa 200 Dollar – nichts im Gegenzug zu dem was Sie für mich alles getan hatten.
Es sollten sehr viele Jahre vergehen, bis ich Sie wiedersehen konnte.
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